Wenn mit der Sommersonne und dem endlich blauen Himmel die Fans des IKB-Freibades Tivoli vor Freude juchezen, steigt für Herbert Kohler die Arbeits-Spannung auf’s höchste Niveau. Herbert (66) ist Bademeister. Er ist nicht nur Garant für die Sicherheit der Schwimmer:innen. Als Pensionist ist er auch ein perfekter Gradmesser für die Arbeitsatmosphäre im bunten IKB-Areal mitten in der Stadt. „Es gefällt mir sehr, sonst wäre ich nicht dabei“, sagt er. Wie schön.
Seine Leidenschaft für das Schwimmen, das Baden und die Sicherheit bei alldem begleitet ihn schon lange: Es war 2005 auf den Seychellen, als Herbert zum Lebensretter wurde. Ein in Not geratener Engländer und der mutige Tiroler stehen am Anfang dieser Geschichte. In der Mischung aus Bergmensch, weißem Sandstrand, türkisfarbenem Meer und einem Briten, der den Beatles-Song „Help! I need somebody“ todesnah erlebt, muss fast zwingend eine gute Geschichte stecken. Das tut sie auch, denn am Ende rettete der Tiroler dem Engländer das Leben. „Ich habe damals aus einem Instinkt heraus gehandelt und im Rückblick eigentlich alles falsch gemacht, was man nur falsch machen kann“, sagt Herbert Kohler. Ja genau – Herbert Kohler ist der Tiroler im Happy– End—Drama, das auch sein Leben veränderte. „Weil alles gut gegangen ist, nahm ich mir damals vor, das zu lernen und zu machen, wenn ich in Pension gehe“, erzählt er.
Das DAS, das er meint, könnte in diesem Zusammenhang am ehesten mit richtig Retten umschrieben werden. Herbert hielt Wort. Im Jahr 2018 – also 13 Jahre nach dem dramatischen Urlaubserlebnis – begann er, die dafür notwendigen Ausbildungen beim Landesverband Tirol der Österreichischen Wasserrettung zu absolvieren. Erst erarbeitete er sich den Helfer-Schein, dann den Retter-Schein und als Herbert vor vier Jahren in Pension ging, war er bestens ausgebildet, um sein Wissen und sein Können als Bademeister um- und einzusetzen. „Nur noch Radl fahren, wandern und schwimmen ist mir einfach zu wenig“, zieht Herbert eine klare Linie zwischen sich und dem ausschließlich feinen Pensionisten-Dasein, das für den superrüstigen Langstreckenschwimmer und charmanten Menschenfreund schlicht zu langweilig wäre.
Tja, Langeweile ist wohl das letzte Wort, das mit dem IKB-Freibad Tivoli in Verbindung gebracht werden kann. Wenn an schönen Sommertagen rund 6.000 Badegäste die riesige Oase mitten in der Stadt stürmen, um rund um und in den fünf Schwimmbecken jene sommerliche Sinfonie anzustimmen, die mit dem Freudequietschen der Kinder, dem angeregten Geplauder der Älteren, dem spitzen Gelächter der Jüngeren und dem Wasserplatschen aller zusammen eine unvergleichliche Klangwolke in den Himmel über Innsbruck bildet, strahlt der pure Lebensspaß. Seit Juli 2023 ist Herbert mittendrin. Doch selbst wenn er stets lächelt, immer für einen Spaß zu haben ist und den Jungspunden am Sprungturm sehr gerne zeigt, dass diese Freude keine Altersgrenze kennt, ist sein Arbeitsalltag von allerhöchster Konzentration geprägt. „Wir Bademeister tragen die Verantwortung für die Badegäste. Wenn etwas passiert, müssen wir schnellstmöglich eingreifen“, erzählt Herbert. Insgesamt erfüllen im Tivoli sechs Bademeister:innen diese so wichtige Mission und im Hochsommer werden ihre 12 zudem durch weitere Augen von Ferialpraktikant:innen ergänzt
Herbert behält im Tivoli stets das Wettkampf- und das Sprungbecken im Auge: „Den Sprungturm öffnen wir zwei mal am Tag für eine Stunde. Das muss natürlich sehr geregelt ablaufen.“ Natürlich muss es das – wäre es doch ein heilloses und gefährliches Chaos, würden die Turmspringer:innen ohne Aufsicht vom 10-Meter-Brett drauflos und anderen möglicherweise drauf springen. In den Stunden vor, zwischen und nach den nicht selten einer großartigen Show gleichenden Sprungturmstunden nimmt Herbert seinen Posten auf der Tribüne des Wettkampfbeckens ein. Und beobachtet. Hochkonzentriert und jederzeit zum blitzschnellen Eingreifen und Helfen bereit. Wenn’s im Becken mit Schwimmenden nur so wuselt, gleicht dieses Beobachten einem Hochleistungssport und rasch wird nachvollziehbar, was Herbert meint, wenn er davon spricht, dass man für diesen Job neben der Schwimm- und Tauchfähigkeiten auch Ausdauer und einen gewissen Ehrgeiz braucht.
Kinder, die sich in das Wettkampfbecken verirrt haben, holt er genauso freundlich da raus, wie Schwimmer:innen, die ihr Können überschätzen oder wegen auffällig unkoordinierter Bewegungsabläufe einen sich anbahnenden Notfall erahnen lassen. Herbert: „Da ist Vorsicht geboten. Vermeiden ist unser Hauptjob. Vermeiden ist besser als retten.“ Wenn die Tivoli-Saison zu Ende gegangen ist, tut er genau das auch im IKB-Hallenbad Hötting. Herbert müsste nicht und darum ist er wohl der beste Gradmesser für die Arbeitsatmosphäre in den quirligen IKB-Bädern. „Es gefällt mir sehr, sonst wäre ich nicht dabei“, sagt er. Wie schön.
Juli 2024